Sonntag, Januar 07, 2018

„Star Trek Discovery“: Gar nicht mal so gut

Im November legte Star Trek Discovery nach der ersten, halben Staffel eine Pause ein. Das Schiff samt Besatzung trieb orientierungslos in einem unbekannten Sonnensystem und ich muß sagen, ich konnte dies nach dem Schauen der ersten Folgen von Discovery emotional gut nachvollziehen.

Warum? Dazu muß ich ausholen. Also holt Euch lieber schnell eine Tasse Raktajino. Eine Rezension sagt oftmals genauso viel über den Rezensenten aus, wie über den Rezensionsgegenstand. Das ist hier nicht anders. Was waren meine Erwartungen an Discovery an denen sich die arme Fernsehserie hat messen müssen? Diese lassen sich bei mir auf zwei Ebenen reduzieren: Ich wollte (a) gutes, modernes Fernsehen und (b) Star Trek. Soviel vorab: Bezüglicher beider Aspekte bin ich momentan noch nicht glücklich geworden.

Star Trek war für mich immer eine inspirierende, positive Sicht der Zukunft. Ja, es gab immer Kriege und gewalttätige Auseinandersetzungen, letztendlich standen aber immer die Personen und ihre persönlichen Konflikte und Entwicklungen im Vordergrund. Es gab nie das „absolute Böse“. Sondern Außerirdische, die aus kulturellen, persönlichen oder politischen Zwängen einfach anders handelten als die Menschen in der Föderation. Discovery hat diese Aspekte zwar auch schon angekratzt, setzt für meinen Geschmack aber noch viel zu sehr Action. Bis jetzt gab es keine Folge, die ohne Gewalt und/oder Phaserfeuer auskommt. Dabei liegt in den leisen Tönen eigentlich die Stärke des Franchises. (Zuletzt sah ich die Enterprise „Breaking the ice“, welche mich daran erinnerte, warum ich die Serien eigentlich so liebe) Auch finde ich es momentan sehr ermüdend, daß jede einzelne Folge der Weiterentwicklung der übergeordneten Handlung dient. Mir fehlen Episoden, die für sich stehen und aus sich heraus einfach wirken und funktionieren. Ganz ehrlich, wenn man nicht hier und da die - meist doch sehr liebevollen - Rückbezüge auf den Star Trek Canon hätte, könnte es auch ein Remake von „Battlestar Galactica“ sein. Nichts gegen das BSG, aber es ist halt kein Star Trek. Natürlich erfüllen auch nicht alle „alten“ Star Trek Folgen und Filme diese Ideale - man brauch sich ja nur die letzten TNG-Kinofilme anschauen (oder lieber nicht). Und natürlich muß man bei Discovery auch den gewählten Zeithorizont beachten: Die Serie zu Zeiten des jungen Kirk, als die oberste Direktive weniger wichtig war, die Kapitäne freier entscheiden konnten. Hierzu kommt die Kriegssituation. Trotzdem gefällt mir der Grundtenor momentan nicht. Auf diesem Schiff scheint alles möglich. Der Tod von Shuttlepiloten, die als Kollateralschäden hingenommen werden; ein Captain, der ständig nach neuen Waffensysteme geifert; Klingonen, die man, um so noch ein bißchen gruseliger zu machen, mal eben zu Menschenfressern mutieren läßt.

Das bringt mich zur zweiten Dimension meiner Bewertung: Hat sich das Redesign gelohnt? Half es, eine modere, gute Fernsehserie zu erschaffen? Auch hier bin ich noch nicht überzeugt. Modernes (aber eher durchschnittliches) CGI und lens-flares haben die Serie erzählerisch noch nicht auf eine neue Ebene gehoben, wie es mit DS9 und den späteren TNG-Staffeln war. Die Klingonen sind für mich weiterhin v.a. ein Ärgernis: Eindimensional, nuschelnd, nicht nachvollziehbar und jetzt auch noch Menschenfresser. (Ja, dies ärgert mich so, daß ich es zweimal erwähnen muß!) Während der Chefingenieur endlich etwas mehr Kontur gewinnt und nicht mehr wie der intergalaktische Zwilling von Guido Cantz wirkt, bleibt die Figur der Tilly überzeichnet und nervig. Überzeichnung ist ein gutes Schlagwort. Einige der Szenen in Folge vier wirkten derart plakativ und effekthascherisch, daß bei mir Fremdschämen einsetzen. Dies gilt vor allem für die Hilferufe und die Rettung der Bergbaukolonie. Auch das Schulterklopfen der Besatzung der Discovery nach gelungener Operation wirkte wie eine Parodie. Das ist einfach kein gutes, modernes Fernsehen oder Storytelling. Auch die Figur der Michael bleibt momentan noch eindimensional. Zudem verliert sich Discovery hier und da  noch in mittelmäßigen Ideen und billigen Effekten. Manchmal sind es Kleinigkeiten, die mich stören: die Feierszene in „Magic to Make the Sanest Man go Mad“ die wirkt, als ob sie aus einem Collegefilm genommen wurde oder der absurde Spezialeffekt, der zeigen sollten, wie Cmd. Saro „wirklich schnell“ läuft.


Trotzdem: Man muß die Kirche im Dorf lassen. Bisher gab es zweimal große „Schaffenspausen“ im Star Trek-Universum. Bei beiden (vor dem 1. Kinofilm und vor TNG) gab es ein großes Redesign, daß in der ersten Zeit ebenfalls nicht ganz überzeugen konnte. Also lassen wir den Machen etwas Zeit, sich zu finden und auf die Stärken des Franchises zu besinnen. Es gibt noch viel Luft nach oben! Bis dahin freue ich mich trotzdem jeden Montag mit Freunden eine neue Episode sehen zu können und bin schon ganz gespannt (Spoiler!), wie es mit Ash Tylor weitergeht. Ist er „lediglich“ ein umgedrehter, klingonischer Agent oder sogar der chirurgisch veränderte Voq?

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